Ein Zombie geht Spazieren

Geschichte

Ein Zombie geht Spazieren

Eines Tages in Wummerland, wo die Lärchen wachsen, wo die Märchen reifen und die Sonne untergeht, ist einmal der junge Rob, seines Standes ein Zombie, wie er im Buche steht, auf die Idee gekommen, sich seines Daseins zu erfreuen. Da hat er seine Gruft verlassen und ist tagelang und nächtelang durch die Gefilde der Umgebung gewandelt. Und mit jedem dabei verstrichenen Tag hat er weitere Freunde gefunden. Diese Geschichte soll davon erzählen, wie das begonnen hat.

Rob kommt zu sich

Zuerst ist da nur so ein Gefühl in der leeren Magengrube von Rob gewesen. Er hat es nicht ausdeuten können und nicht sogleich schon damit richtig umzugehen gewusst. Was ist das überhaupt? - So hat er es sich gefragt. Normalerweise kennt ein Zombie, wie er einer ist, so etwas nicht von sich. Und so ist es ihm doch ungewohnt erschienen. Da hat er sich links gedreht und dann auch wieder rechts gedreht, um sich gegriffen und doch hat dieses Ziehen nicht aufhören wollen. Darum ist er aufgestanden und hat sich umgesehen.

Ein Steinchen hier, ein Dörnchen da sind auf der Stelle gelegen, wo er es sich bequem gemacht hat. Das ist das Übliche für einen wie ihn. Damit ist er schon immer zufrieden gewesen. Aber, hoppla, da - es zieht noch immer!

Fassungslos, ja ratlos fragt sich Rob, nun sehr gegenwärtig, wie das kommt, dass etwas an ihm so mürrisch und launisch seine Ruhe und Rast unterbricht. Und das geschieht ihm, obwohl er doch immer und stets so beherrscht ist. Unbedacht, wie er gerade ist, hat er sich erstmal hingesetzt und versucht, sich zu sammeln. Plok! - Da hat er sich den Kopf gestoßen. Und es hat weh getan. Dem Zombie ist es gar nicht aufgefallen. Schmerzen! - Was soll das sein? - Es ist so tiefgreifend unangenehm, dieses Ziehen und Machen. Jetzt ist es genug, denkt er sich und geht...

...geht und stolpert über eine Wurzel. Zack! - Er fällt längs hin und landet auf der Nase. Das gibt es doch gar nicht.

Im Inneren seines Wesens erscheint da plötzlich ein Licht. Auch das hat er noch nicht gekannt. In meiner Erinnerung kommt so etwas üblicherweise nicht vor... Erinnerung? - Rob denkt nach. Was ist denn bitteschön eine Erinnerung und warum bin ich jetzt auf einmal so voller Worte? - Uaaah! Oeeeh! - Ein Stöhnen und Seufzen entweicht seiner Kehle. Das darf doch alles nicht wahr sein. Und dann auch noch dieses Licht! - Rob sitzt nun auf und wartet kurz ab. So etwas hat die Welt noch nicht gesehen.

Rob geht in sich

Tagelang hat der gute Rob keine Ahnung davon gehabt, was da mit ihm los ist. Er ist dabei nicht orientierungslos gewesen. Das ist allein nur alles sehr neuartig für einen Zombie seines Standes. Und er hat keine Worte dafür finden können, die ihn an etwas Vergleichbares erinnern. Aber mit jedem Einzelnen solcher Gedanken hat sich sein Begriffsvermögen weiter gefestigt. Und mit einem Mal hat er es gewusst. Er, der Zombie mit Namen Rob, ist erfüllt von einem Gefühl aus eigener Kraft. Hoppla, das ist nicht gut für das Selbstbewusstsein eines Zombies. Doch anstatt sich diesen Funken aus dem Leib zu reißen, ist er aufgestanden und hat seine Gruft verlassen. Er möchte doch nachschauen, was das ist, was ihn da auf einmal wach gemacht hat in seinem ansonsten recht gewöhnlichen Dasein.

Er hat also seinen Rastplatz verlassen und ist fortgegangen. Holprig sind seine Schritte, er stolpert wieder und wieder. Aber da Rob nicht dumm gewesen ist, hat er etwas langsamer gemacht und etwas mehr auf sich geachtet.

Da dämmerte es auf einmal. Erst ist ihm etwas sehr Helles ins Blickfeld gekommen, dann, Mal um Mal etwas deutlicher, sind ihm auch Farben erschienen. Diese haben sich dann zu Formen zusammengesetzt und schließlich Dinge ergeben. Da hat er plötzlich die Hindernisse sehr gut sehen können und diesen auszuweichen gewusst. Wie praktisch das doch ist, wenn man es sich so überlegt.

Frühlingsgefühle

Auch wenn wir nicht wissen können, wie viele Zeiten vergangen sind, seitdem Rob sein Zombie-Dasein zu fristen begonnen hat, so können wir doch erkennen, dass da etwas in ihm vorgeht. Das Augenlicht ist wiedergekehrt, ebenso haben sich nach und nach andere Regungen bei ihm ergeben. Der Einfachheit halber erzähle ich davon. Man kann es sich kaum ausmalen, wie das möglich ist für einen wie ihn, aber da es geschehen ist, wird es doch auch wahr sein.

Da ist er durch den Wald bei seiner Gruft gegangen, hat sich die Umgebung angesehen und irgendwann auch etwas davon wahrgenommen. Und erst die Gerüche! - Moose, Rinden, Krabbeltiere. Das ganze Gewusel im Wald hat ihn staunen gemacht. Da hat er sich erst einmal gestreckt und gereckt und so bald hundert Jahre der körperlichen Verkrümmung mit einem Satz von sich weggestoßen. Wunderbar!

Rob ist verwundert wegen dem, was ihm da geschieht. Sein Selbstverständnis ist etwas angegriffen. Es gefallen ihm die Schmetterlinge, die Vögel, das Zirpen und das Gezwitscher so gut.

Da wird es Tag, und alles erscheint ihm noch bunter, noch lebendiger. Wie schön das doch ist.