Der Zombie im Bioladen
Kurzgeschichte
Der Zombie im Bioladen
Es war einmal... So fangen Märchen an. Das hier ist aber eine wahre Geschichte. Doch sie ist kaum glaubwürdiger als ein Märchen. Sie handelt von Rob, dem Zombie, der schon seit Jahren auf der Bio-Welle surft und der heute im Bioladen bei uns um die Ecke für Aufruhr gesorgt hat. Doch wie das geschehen ist, das will ich nun erzählen. Und dennoch verwende ich das Präsens dafür, denn Rob gibt es noch. Rob lebt - sofern man das von einem Zombie behaupten kann.
Rob, der Zombie, kommt heute bei Frau Trefzicht in deren Bioladen und will Gemüse einkaufen. Er versucht sich von ihr beraten zu lassen. Doch außer einem dumpfen Oooah! und Aaaueio! bekommt er keinen Ton heraus. So ist Frau Trefzicht nach einiger Zeit doch recht unsicher darüber, ob sie Rob, den Zombie, richtig berät. Sie zeigt ihm ungeschälte Gurken, Karotten mit Grünem dran, Maiskolben in Blättern, versehen mit den braunen Fransen, den Fasern. Rob hat das alles nicht gewollt. Es ist ihm nicht frisch genug gewesen. Außerdem scheint es nicht makrobiotisch hergestellt zu sein. Das entspricht Robs Natur, dass er auf Makrobiotik besteht. Und so gerät Frau Trefzicht doch etwas ins Rudern bei ihrer Beratung. Oder wie kann man es besser sagen? - Ja, sie ist etwas ins Schwimmen dabei gekommen.
Rob beharrt aber auf seinen Ansprüchen an frisches Gemüse und möchte darum nicht einmal die italienischen Tomaten kaufen. Er sagt zwar nur Oooah! und Aaaueio!, aber er meint im Grunde, dass es auch heimische Tomaten geben muss und dass er sie doch bevorzugt. Das könnte Frau Trefzicht zwar nicht wissen, und aus den dumpfen Lauten von ihm könnte sie es sich auch nicht einfach so herleiten, doch immerhin hat sie gemerkt, dass ihr Kunde unzufrieden damit ist. Und sie hat das nicht unbedingt auf die Qualität ihrer Beratung zurückgeführt, was sie auch nicht zu tun braucht. Frau Trefzicht kennt sich gut aus im Bioladen!
Doch Rob, der Zombie möchte nun gar kein Gemüse mehr einkaufen. Dabei hat er so einen großen Hunger auf etwas Frisches. Es soll etwas sein, das seinen Ansprüchen an gesunde Ernährung genügen kann. Darum ist Rob nun etwas geknickt. Sein Aaaueio! und Oooah! haben nun nicht mehr gar so frisch und freudig wie zuvor geklungen.
Nun, unverrichteter Dinge macht sich Rob nun aus dem Acker und verlässt den Bioladen wieder. Da tuscheln die feinen Bio-Laden Damen ein bisschen miteinander, freilich nicht ohne einen Schluck aus ihrer biologisch-dynamisch erzeugten Limonade dabei getrunken zu haben.
Was ist denn das für einer gewesen? Und was hat er im Bioladen gewollt? - Ja, so ist es Rob schon des Öfteren ergangen. Und seine ausgefeilten Vorstellungen von gesunder Ernährung haben die Menschen immer wieder etwas verwundert. Aber Rob besteht doch allein nur auf Qualität. Von irgend so einem nur scheinbar fair gehandelten Bio-Gemüse möchte er sich nicht satt essen müssen. Wenn schon, dann würde nicht nur irgendein Gütesiegel, sondern eine Premium Marke für ihn das Richtige sein. Rob versteht halt etwas von gutem Essen.
Tja, und so ist Rob dann wieder zurückgegangen zu seinem Friedhof. Dort, wo er im Stillen darüber nachdenkt, was denn die Menschen für ein Problem mit seinen Vorstellungen von gutem Essen haben, quält er sich vor Hunger. Armer Rob. Oh ja, als Zombie hat man es doch schwer.