Gedichte nach Han Shan
Gedicht
All das Schöne
All das Schöne ist einzig.
Wunderbar ist das.
Ich danke dem Herrn.
Ich preise den Herrn.
Dass er mich teilhaben lässt am Schönen,
finde ich so wundervoll.
Grauenhaft
bin allein ich.
Gedicht
Alles nur Reflexe
Frage nicht nach oben und frage nicht nach unten.
Meine Mitte sollst Du sehen.
Sehe sie an allen Dingen von mir,
und ich werde Dir gut sein.
Finde zu mir, mittels dieser Schau meiner Mitte.
Kein Glück soll Dir verwehrt bleiben
im Umgang mit mir,
wenn Du mich so behandelst.
Gedicht
Alles strebt nach Macht
Alles strebt nach Macht.
Doch Macht wäre ungesund.
Alle wollen etwas wissen
und meinen damit Recht zu haben.
Dabei machen sie sich in die Hosen hinein,
wenn es um etwas geht,
das sie selbst betroffen hat.
Das habe ich gerne.
Gedicht
An die Zukunft gerichtet
Es hat noch nichts gegeben, was nicht alles zugleich bedeuten würde.
Es hat noch nichts gegeben, was nicht alles zugleich bedeuten sollte.
Es bedenke der Mensch sich, ehe er handelt.
Die Feinheit des Geistes soll auch eine der eigenen Worte sein.
Die Feinheit des Geistes wird auch eine der eigenen Worte sein.
Ob das Viele nun überflüssig oder gar überzählig sein wird,
wer weiß es schon,
wenn nicht der Wind es gesagt hat?
Gedicht
Angebracht
Am rechten Fleck
sitze das Herz.
Zu etwas wird es gut sein.
So scherzhaft ist mir zu Mute,
aber zu schmerzerfüllt ist dieses Dasein
und doch
ist es da.
Das ist so wunderbar.
Gedicht
Arbeit und alles
So, es ist, und nicht: es werde.
Gut sei alles bereits auf der Erde.
Gut wäre alles und nichts bleibt nichts.
Sage es, denke es, ich spreche es aus.
Wer arbeiten möchte, der macht das zuhause.
Vergesse nicht, was da gegeben ist, auch nicht den eigenen Mist.
Lass alles zu und bleibe daran so reich.
So bist Du bald mit dem Meinigen gleich.
Gedicht
Aus dem Nichts
Aus dem Nichts kann alles werden. Das besteht.
Wenn etwas wahr gewesen ist, dann das.
Aus dem Nichts entsteht das Ganze.
Das soll so sein.
Ich zerbreche meinen Kopf zuweilen wegen meiner eigenen Dummheit.
Ich habe die Bedenken des Gegebenen nicht einfach so gelassen.
Ich leide und vergehe dabei fast.
Das ist es, was mich dabei so sehr erfüllt.
Gedicht
Da bist Du
Da bist Du und endlich ist alles gut.
Da bist Du und so bist Du mir recht.
Keine allzu schwierigen Fragen möchte ich Dir stellen.
Gedanken sind es, die mich zuvor noch so sehr geplagt haben.
Nun sind sie vergangen. Du bist ja endlich da.
Ernsthaft, das ist kein Spaß gewesen.
Das ist aber jetzt bereits wieder vorbei.
Unterm Dachgebälk entdecke ich endlich wieder mein eigenes Herz.
Gedicht
Das Abstrakte abstreifen
Worin besteht für mich ein Sinn der gegebenen Dinge?
Ich erkenne ihn kaum an der Abstraktion.
Sie ist verbunden mit einem entleerten Wesen.
Mitnichten mag ich das. Ich schätze eine zärtliche Umarmung, einen lieben Kuss. Vergangener Tage Glück und Wohlstand
trage ich nach wie vor am Herzen
und tue gut daran
mich dieses Verlustes an Innigkeit so genau zu erinnern.
Gedicht
Das reine Wort
Das reine Wort braucht keines zu sein.
Es bräuchte nicht als solches erkannt zu werden.
Es bedarf keiner besonderen Merkmale.
Das wird einer der Schlüssel zu ihm sein.
Mit diesem Schlüssel selbst umzugehen,
befiehlt mir, so zu schreiben, wie ich es kann.
Da versiegen die Gedanken bald.
Ob das dann bereits zu etwas genügt hat?
Gedicht
Das Verderben
Ich bin gerade dort angekommen,
wo die Dinge einst zu verderben begonnen haben.
Gerade bin ich hier eingetroffen.
Das ist der Ort, an dem ich es bereits einmal versaut habe.
Nun ist es bei mir so gekommen,
dass ich das gerne so belasse.
Aber aufgeben würde ich auch nicht wollen.
Darum schaue ich mich hier jetzt um.
Gedanke
Die eigene Stimme
Nichts Gutes habe ich zu hören, wenn ich nicht sprechen würde.
Nichts Gutes habe ich zu spüren, wenn ich mich nicht dazu bewegen würde.
Deshalb suche ich nach einer Stille meines Herzens.
Dabei ist sie schon da.
Unterdessen spreche ich selten davon.
Was ich zuvor erfahren habe, das hat mich jetzt endlich geformt.
Seitdem ich das Leben annehme und geschehen lasse,
kann ich mich besser verstehen.
Gedicht
Den Himmel gefunden haben
Hast Du den Himmel schon gesehen?
Du solltest gar nicht erst nach ihm schauen.
Er wäre eh da.
Eine Gewissheit wirkt sich auch aus.
So findest Du eine Wahrheit bei Dir auf.
Sind die Begebenheiten auch noch so bedeutend,
so hat man sie doch nicht erreicht.
Die Pforte zum Hindurchgehen meide.
Gedicht
Der Ausschlag des Pendels
Wieder und wieder schlägt das Pendel aus.
Es wirft mich mal nach vorne, dann wirft es mich wieder zurück.
Welch ein Missgeschick das doch für mich ist.
Aber so wirken die Dinge. Das ist ihr Lauf.
Einmal gehst Du gut, dann wieder gehst Du fast dabei drauf.
So etwas geschieht uns Menschen zuhauf.
Das ist das Sein der Dinge.
Wäre alles bereits gut, würde es diesen Tanz nicht geben.
Gedicht
Der Himmel weint
Der Himmel weint.
Schwermütige Tränen des Schicksals haben mein Herz da überkommen.
Ich hungere, spüre dabei einen Widerstand in meinem Hals.
Könnte weder essen noch etwas schlucken.
Kein Brot ist zudem mehr in der Tüte,
Jedoch besteht der Sonnenschein, der mir leuchtet.
Keine herzhafte Suppe gibt es unterdessen,
Liebe ist das, was mir versagt bleibt.
Gedicht
Der Hände Sinn
Der Hände Sinn ist das Tasten.
Der Bäume Sinn behält seinen Zweck bei.
So einfach ist alles nicht gewesen. Manchmal müssen wir uns besinnen.
Der Hände Sinn ist uns nicht bekannt. Ist es ihr Zustand?
Dieser wechselt, wandelt und formiert sich wieder.
Der Zustand der Hände entspricht der Art,
wie das Bewusstsein uns den Geist offenbart.
Wir zeigen dieses gerade auch jetzt mit einer Geste auf.
Gedicht
Der Schutz
Horch - welche Stunde ist es jetzt?
Schau - wo bist Du gerade?
Pass auf Dich auf.
Pass auf mich auf.
Siehst Du mich?
Ich sehe Dich.
Hörst Du mich?
Ja, ich höre auch Dich.
Gedicht
Die Gefährdung
Als Mensch bin ich kein Weiser.
Zumindest bin ich nicht als solch ein kluger Mann geboren.
Doch man versteht mich.
Bemüht bin ich um all das Werden.
Den Lauf der Dinge bestimme ich mit.
Manchem Menschen ist das bereits zuwider.
Zwischen Labilität und konzentrierter Stimmung
wird da zuweilen nicht mehr unterschieden.
Gedicht
Die Maschine
Diese Maschine, welche wir die Welt nennen,
ist keine gewesen.
Es ist eine und bleibt doch keine derweil.
Sie ist keine geblieben, ist aber doch ein Teil des Ganzen - was folgt also jetzt?
Es soll da etwas gelten, das einfach auszusieben ist.
Und findest Du derweil den Kern,
dann gebe auf Dich Acht!
Ich sage es Dir gerne - und Gute Nacht.
Gedicht
Ein Klumpen Gold
Er sei Dir hold,
Dein Klumpen Gold,
welcher an Dir ruht.
Du trägst ihn bei Dir, an Deinem Herzen.
Schmerzen?
Ist es mir nach Scherzen?
Nein, ich möchte Dich viel lieber als das herzen
im Lichte Deiner Kerzen.
Gedicht
Erklärungen sind unfruchtbar
Das beste Wissen ist das Geheime.
Es geht niemanden etwas an,
ob ich etwas weiß,
noch was ich weiß.
Ich möchte mich nicht offenbaren.
Ich möchte mir nicht die Hose ausziehen.
Wenn die Leute etwas meinen tun zu müssen,
dann sollen sie es doch sich selbst antun.
Gedicht
Erstmal Alles
Alles Blöde, alles Gute, alles Öde, alles Feine,
das habe ich ersehnt.
Ich bin nicht mehr als das gewesen.
Ich bin nicht weniger als das geblieben.
Doch bin ich derweil wirklich wie das?
Irgendwie kommt es mir ja so vor und doch würde es nicht so sein.
Ich lasse alles Kluge bleiben, allein nur das Dumme verbleibt mir dann jedoch.
So ist es zumindest wahr geworden, so soll es etwas sein.
Gedicht
Etwas ausnutzen
Etwas ausnutzen.
Solange man dabei profitiert, geht es auch irgendwie weiter.
Und dann - plötzlich ist da nichts mehr gewesen.
Aufgeblasen bin ich
von all meinen prahlerischen Reden.
Wie ein stolzer Gockelhahn stehe ich da,
und bin doch
zu nichts zu gebrauchen.
Gedicht
Hüte Dich
Hüte dich davor weiterzuziehen.
Hier ist der Ort, an dem sie lebt.
Bist Du erst fort, vergeht das Alles.
Du bist erst im Begriff, sie kennenzulernen.
Du kennst sie noch kaum.
Sei froh, dass sie mit Dir spricht.
Und hüte dich!
Ziehe nicht weiter.
Gedicht
Leer ausgehen
Ich zeige Dir das Himmelreich.
Du zeigst mir die Leere.
Ich zeige Dir meine Stärke.
Du zeigst mir ihre wahre Natur.
Ich zeige Dir meinen Willen,
Du sparst schon mit Deinen Wünschen.
Was soll ich da noch sagen...
Ich verneige mich vor Dir.
Gedicht
Mein Schlamassel
Vor lauter Anstand würde man sich nichts zu sagen trauen
und vergisst es somit, etwas zu fragen.
Man lässt es bleiben.
Ach, und Dreck!
Dann sind auch schon die Chancen weg.
Ich habe nichts ausgeheckt.
Das soll kein Geck sein.
Mir ist die Zeit einfach nicht weggelaufen.
Gedicht
Monotonie
Eins, zwei, drei, vier
Ich kapier:
Nichts.
Aus dem Haus
gehe ich raus.
Zudem:
(es ist nicht schön)
Kaputt.
Gedicht
Nicht allein im Zweifel
Nicht allein nur im Zweifel habe ich meinen Geist vernommen,
auch aus der endlosen Leere des eigenen Gemüts strömt er hervor
und ich entsage diesem Treiben von ihm.
Ich bin ein Akteur in einem Geschehen, das es gar nicht geben würde.
Ich entziehe mich diesem Unsinn teilweise.
Nicht allein im Zweifel habe ich mich diesem Treiben entzogen.
Gerade zur höheren Ehre von etwas
lösche ich mein Licht aus. - Nacht!
Gedicht
Nicht eingreifen
Das Gute und das Böse sind fast dasselbe.
Beide stehen als Macht für sich.
Beide kämpfen angeblich miteinander um die Vorherrschaft.
Und das sollte gut so sein.
Doch was soll dieser Dualismus?
Aber so richtig fies wird es erst,
wenn man dieses System sinnvoll erweitert.
Das ist eine Welt, die zählt.
Gedicht
Panik
Ich empfinde die Welt als angefüllt mit Panik.
Liegt es an den Worten,
welche die Menschen äußern?
Liegt es an der Satzstellung der Worte,
welche sie für ihre Bedenken gebrauchen?
Ich würde es nicht sagen können.
Aber es wirken die Menschen gehetzt und unzufrieden.
Dabei scheint doch jeden Tag die Sonne.
Gedicht
Perlenfischer
Schallplattenläden durchstöbernd,
kaufend, dann zögernd.
Verschmerzt die Verluste auch
der Kauf
manchen Kleinods kaum,
so ist doch der Saum
der Decke
noch weit genug.
Gedicht
Quell meiner Freude
Ich denke nach - über dies und das,
über dies und das - und irgendwas.
Dabei komme ich auf den stets gleichen Sinn davon,
Du weißt es, ja Du kennst ihn schon.
Ich habe nur mehr eines im Gedanken:
In dieser Sache nicht zu wanken.
Gebe immer wieder etwas Ruhe dazu.
Und da bist ja auch noch Du!
Gedicht
Schon wieder der Himmel
Wandle ich auch auf Erden,
ist mir doch der Himmel nah.
Fliegt der Vogel auch in den Lüften,
ist ihm doch der Boden nah.
Esse ich auch wenig,
so würde doch die Fülle nicht mehr fern sein.
Bin ich auch noch nicht gänzlich von selbstloser Liebe erfüllt,
so liebe ich sie doch.
Gedicht
Seerosen am Teich
Seerosen am Teich,
eine der anderen gleich.
Dazwischen ist die eine,
wie sonst keine.
Daneben sind noch andere.
Mein Blick will darüber wandern.
Doch ich senke meinen Blick.
Blicke dabei auf mich selbst zurück.
Gedicht
Transformation, schon
Transformation, das ist es schon.
Ist nicht alles schon ins Werden gekommen?
Was brauchen wir noch mehr davon?
Ist es nicht genug gewesen, was wir haben?
Noch mehr zu brauchen, wird doch ein Schaden sein.
Dann gehe ich da doch lieber gleich baden.
Dann mache ich mich doch lieber endlich frisch.
So setze ich mich gerne an einen solchen Gabentisch.
Gedicht
Viel zu schwer
Was ich auch getan habe - es hat seinen Sinn gehabt.
Dieser Sinn soll mir von Zeit zu Zeit klar werden - heute würde ich jedoch noch nichts davon wissen.
Ich kämpfe, bin dabei voller Bitterkeit.
Stärke geeint mit Strenge - so ist mein Habitus gebildet.
Man hat mir übel zugesetzt.
Man hat mich gehetzt und gepeinigt.
Ich bin krank davon geworden.
Und ich wäre beinahe daran gestorben.
Gedicht
Warum machst Du das?
Warum machst Du das?
Du opferst Dich auf.
Für mich, für andere.
Warum machst Du das?
Ich könnte es nicht leiden.
Ich möchte das nicht aushalten müssen.
Ich sehe, dass Du so leidest.
Ich gehe.
Gedicht
Was mir heilig ist
Was mir heilig ist,
davon schreibe ich nur Weniges auf.
Ich habe es gelernt
viel zu reden
und doch (fast) nichts dabei
zu sagen.
Es ist eine Dummheit,
immer zu sprechen.
Gedicht
Zuweilen machtvoll
Zuweilen machtvoll ist das Gesagte.
Zuweilen klingt es auch mächtig.
Dann schweige ich.
So kann ich vielleicht doch damit Recht behalten.
Der Anhauch soll für mich kämpfen.
Ich entsage der eigenen Stimme
und überzeuge mit dem Herzen.
Derweil halte ich meine Schmerzen aus.
Gedicht
Überraschend ehrlich
Überraschend ehrlich bist Du,
Dame meines Herzens.
Und das kostet mich meinen Zorn.
Schmunzelnd sitze ich zuweilen da.
Mein Gemütszustand löst sich mit dieser Heiterkeit auf.
Die wolkenverhangenen Züge meines Gewissens erfrischen sich
an deinem Tau.
Das ist so schön.