Der Schreibblock

Plot

Der Schreibblock

Ein Schreibblock wird von einem Jungen im Park auf einer Bank gefunden. Auf dem Schreibblock stehen Namen und manchmal Telefonnummern. Es handelt sich um eine Liste mit etwa zehn Eintragungen über mehrere Seiten hinweg. Bei manchen Namen stehen Begriffe wie Börse, Streit, Kredit, Bus/Auto/Zug, Liebhaber, etc. daneben.

Der Junge nimmt den Block mit nach Hause, weil er ihn interessant findet. Er zeigt ihn einem Klassenkameraden, den er auf dem Heimweg trifft. Sie lesen die erste Seite und stellen fest, dass zwei Eintragungen eine Ihnen bekannte Person oder Sache betreffen. Der andere Junge isst jetzt ein Eis. Ihm tropft davon etwas aufs letzte beschriebene Blatt. Sie gehen zusammen Basketball spielen. Der Block ist nun fürs Erste vergessen.

Später kommt der Junge nach Hause. Die Familie isst gemeinsam zu Abend. Der Fernseher läuft dabei im Hintergrund. Sie machen sich zeitweise über die Werbesendungen lustig, während gegessen wird. Danach kommen die Nachrichten. Es wird von einem Todesfall in der Nähe berichtet. Das ist in diesem Moment belanglos. Vater spricht mit den Kindern über eine Veranstaltung am Wochenende. Familienidyll.

Der Junge macht abends seine Hausaufgaben. Der Block landet irgendwo im Regal bei seinen anderen Büchern.

Drei quasi normale Tage vergehen, bei denen es offensichtlich wird, dass die Situation in der Umgebung des Jungen nervös und durchweg etwas gereizt ist. Allein nur die Veranstaltung am Wochenende ist toll. Es ist ein Baseballspiel, bei dem sich alle treffen.

Der Hund der Familie ist ein großer Helfer an solchen Tagen. Der Junge spielt oft mit ihm.

Auf dem Heimweg von der Schule geht der Junge dann in der Bäckerei vorbei, weil er sich etwas Süßes kaufen möchte. Dort hört er zwei Frauen über den Tod eines Mr. Robinson sprechen. Das ist nichts Wichtiges für ihn gewesen. Wieder daheim angekommen, sein Schultag verlief heute etwas unglücklich, blättert er aus Langeweile den vor einigen Tagen gefundenen Block durch. Er entdeckt in einer der Listen den Namen Robinson, dabei stehen die Begriffe Zug/Auto/Bus.

Abends beim Abendbrot spricht seine Mutter darüber, dass ein Auto auf dem Bahnübergang von einem Zug erfasst worden ist. Tags darauf steht es auch in der Zeitung. Der Junge wird neugierig und geht nach der Schule wieder in die Bäckerei. Dort fragt er die ältere Verkäuferin, was sich genau beim Tod des Mr. Robinson zugetragen hat. Sie antwortet, dass er mit dem Auto vor den Zug gefahren ist. Er kauft noch ein Brötchen bei ihr und geht heim.

Dort angekommen, blättert er wieder den Block durch. Er holt Zeitungen aus dem Wohnzimmer und sucht nach Ähnlichkeiten zwischen Namen und Ereignissen mit jenen der Listen in diesem. Er findet keine vor. Dafür weiß er jetzt ziemlich genau, was in diesem geschrieben steht. Er überblättert den Block ab der Stelle, wo der Fleck Eis einige Tage zuvor gelandet ist. Das ist damals die Letzte der beschriebenen Seiten gewesen. Es sind jetzt aber weitere Namen hinzugekommen. Weitere Blätter sind mit Namen, Telefonnummern und Ereignissen befüllt. Der Junge bemerkt es jedoch nicht. Er legt das alles wieder weg und macht nun seine Hausaufgaben.

Er versucht mit seiner Mutter über den verstorbenen Mr. Robinson zu sprechen. Aber er findet nicht die richtigen Worte, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Sie hat auch keine Geduld mit ihm heute. Er lässt es sein.

An manchen Tagen träumt der Junge jetzt mit offenen Augen vor sich hin. Irgendwer aus seiner Schule stirbt zu diesen Tagen. Es ist jemand von seinem Pferd gefallen und hat sich das Genick dabei gebrochen. So ist er gestorben. Man feiert eine Andacht in der Schule für ihn. Alle Anwesenden sind traurig darüber, was geschehen ist.

Auch der Name dieses Toten befindet sich auf einer der Listen im Block. Dabei steht ein weiterer Name. Der kleine Junge geht der Sache nach und findet irgendwann heraus, dass dieser Name die Bezeichnung eines Platzes unweit der Unfallstelle ist.

Der Junge wirkt jetzt bereits selbst etwas nervös und aufgedreht.

Er liest die Listen im Block wieder und wieder durch. Das würde es doch alles gar nicht geben. Er zweifelt an seinem Verstand. Da entdeckt er auf einmal einen neuen Eintrag. Sehr undeutlich ist er geschrieben. Man kann ihn kaum entziffern. Da steht: 'Der Köter'. Daneben steht geschrieben: 'Spritze'.

Mutter kommt an diesem Abend mit etwas verheulten Augen nach Hause. Der Junge fragt nach dem Hund, sie hat ihn aber nicht dabei. Sie sagt ihm, dass der Hund bei der Oma sei. Sie haben ihn vorhin zu ihr gebracht.

Oma ruft am folgenden Tag an. Mutter ist derweil nicht dagewesen. Der Junge erkundigt sich nach seinem Hund. Oma sagt, dass er doch bei der Mutter sei. Dann sagt sie: "Deine Mutter hat ihn vorhin abgeholt." Es hört sich so an, als ob sie den zweiten Satz gerade extra gesagt hat. Ihre Stimme klingt anders. Der Junge bemerkt etwas, aber er hat es noch nicht richtig verstanden.

Später begegnet er dem Tierarzt auf dem Weg zum Spielplatz. Er macht einen weiten Bogen um ihn. Der ist jedoch freundlich, geht auf den Jungen zu, spricht mit ihm. Der Arzt lädt ihn heute sogar zu einem Eis ein. Sie unterhalten sich über etwas Belangloses. Irgendwann sagte der Arzt dann, dass es getan werden musste. Es wäre nicht mehr anders gegangen. Der Junge hat das nicht gleich zuordnen können, aber nichts dazu gesagt. Sie gehen danach jeder für sich ihres Weges.

In Gedanken ahnt der Junge, dass etwas vorgeht und dass diese Dinge wahrscheinlich miteinander zusammenhängen.

Er geht zu seiner Mutter und fragt sie, wo der Hund sei. Sie sagt ihm, dass er doch noch bei der Oma ist. Da heult der Junge plötzlich los, weil er es kapiert hat. Seine Mutter hat es in diesem Moment noch nicht richtig begriffen. Ihre Notlüge aber ist aufgeflogen. Irgendwann bemerkt sie das. Sie versucht ihren Sohn zu trösten. Er will das aber nicht zulassen. Er sagt, ja, er ruft: 'Der Hund ist tot.' Seine Stimme klingt verzweifelt.

Mutter ist entsetzt. Sie versucht, ihn zu beruhigen. Sie will, dass er das richtig versteht, und redet viel zu viel auf ihn ein.

Er verlässt sie und geht in sein Zimmer. Er spielt enttäuscht mit seinen Teddybären und weint. Irgendwann schläft er dann auch ein.

Die Situation normalisiert sich in den kommenden Tagen trotz dieses Schicksalsschlages etwas. Da sind alle voller Trauer, aber es geht dabei sehr harmonisch in der Familie zu.

Der Junge sortiert sich darum bald wieder. Er entscheidet sich dazu, den Block mit den Namenslisten in den Mülleimer zu werfen. Da schlägt sich zufällig eine bestimmte Seite auf, als er den Block in den halb vollen Mülleimer hineinfallen lässt. Er schaut darauf. Da ist der Name seines besten Freundes zu lesen. Der Junge erschrickt.

Er schwingt sich sofort auf sein Rad und fährt zu seinem Freund nach Hause. Dort ist allein nur dessen Mutter anzutreffen. Er fragt sie, wo denn sein Freund sei.

Sie sagt ihm, dass er zum Basketball gegangen ist. 'Er ist gerade vor fünf Minuten losgefahren.'

Der Junge radelt los und zwar so schnell, wie er kann. Beinahe passiert ihm selbst ein Unfall. Das Auto kann gerade noch rechtzeitig abbremsen. Es kümmert ihn nicht. Er sieht aus der Ferne schon seinen Kumpel. Er ruft ihm etwas zu, ist jedoch noch zu weit entfernt, um von diesem gehört zu werden.

Er holt auf, aber es soll noch einige Momente dauern, ehe er bei ihm ankommt. Ein betrunkener Mann steigt da in sein Auto ein, dreht die Musikanlage voll auf und braust ungehemmt los. Bei der Kreuzung vorne rast er mit seinem Auto voll in das Rad des Freundes, weil er einem plötzlich ausparkenden Auto ausweichen muss. Dieser fliegt erst auf und dann über das Auto und liegt schließlich regungslos auf der Straße.

Der Junge kommt da gerade auf dieser Höhe der Straße an und sieht den Freund so am Boden liegen. Blut tropft auf die Straße aus dessen Nase.

Er schreit vor Angst, zu spät gekommen zu sein. Er geht zum Freund, hält ihn fest, heult wegen diesem Unglück.

Er wendet sich ab, sieht den erlittenen Verlust sofort ein. Da hört er dessen Stimme leise etwas zu ihm sagen. Alle anderen Verkehrsgeräusche sind nun plötzlich wie ausgeblendet für sein Gehör. Sie sind allesamt verstummt. Er hört allein nur ihn. Sein Freund spricht seinen Namen aus. Sie schauen sich an. Die Tränen des Jungen werden zu Freudentränen. Sie lachen schrecklich laut.

Ein Krankenwagen mit Rettungskräften kommt herbei. Dem Freund ist nicht viel beim Unfall passiert, aber man nimmt ihn dennoch mit und bringt ihn und sein Fahrrad sicher nach Hause.

In der Zwischenzeit sind zwei Clochards am Elternhaus des Jungen vorbeigekommen, haben in der Mülltonne gewühlt und den Block als Fundstück mitgenommen. Die vorderen Seiten sind  leer. Sie denken sich wohl, dass der Block neu und noch zu gebrauchen sein wird.

Bei einem Bier auf der Parkbank blättern sie in diesem Block, finden in dessen Mitte Namen vor, welche dort geschrieben stehen. Sie lesen diese sich gegenseitig vor und lachen darüber, wie blöd diese in ihren Ohren erklingen.

Während das geschieht, geht die Sonne langsam unter. Hinter dem letzten Namen von heute Mittag stehen jetzt drei weitere. Der Name des überlebenden Jungen ist nun durchgestrichen. Die beiden Clochards unterhalten sich später noch über irgendetwas Unbedeutendes und gehen dann ihren Weg. Ende